3. Gegen Tricks der Erbschleicher helfen diese neun prophylaktischen Tipps:
Tipp 1: Stellen Sie Nähe zum Erblasser her!
„Erbschleicher“ werden durch Angehörige ermutigt! Vor allem durch Fernbleiben sind Angehörige an der Entstehung von Erbschleicherei beteiligt:
Pflege wird aus gutem Grund oft an Fachleute delegiert, die allesamt nicht auf das Erbe der Patienten aus sind:
Pflegepersonal, Krankenschwestern, Ärzte, Pastoren, ja sogar Stiftungen oder gemeinnützige Organisationen sind schon als „Erbschleicher“ beschimpft worden.
Sie sind einfach näher am Erblasser und haben regelmäßige Kontakte oder eine emotionale Bindung zu ihm.
- Das Testament drückt Dankbarkeit für diese Nähe aus – und ist nicht die Folge eines kriminellen Vorgehens!
Tipp 2: Demenzkranke gelten als manipulierbar
Wenn ein an Demenz Erkrankter ein Testament zugunsten eines Unbekannten macht, ist das im Nachhinein schwierig anzufechten. Demenz kann nur dann ein anerkannter Anfechtungsgrund sein, wenn die Erkrankung
- zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nachgewiesen
- ausreichend schwerwiegend ist.
Hier heißt also die Devise: Wachsam sein und rechtzeitig das eigene Testament sowie eigene Vorsorgeverfügungen machen!
Wachsam sein und eigenen Verwandten vor Ausbruch von deren Demenz-Krankheit zu einem Testament raten.
Was zunächst herzlos klingt, hat handfeste biochemische Gründe:
- Eine diagnostizierte Demenz oder – als Untergruppe davon – gar eine Alzheimererkrankung gilt als biochemisch nachweisbare Ursache von Verwirrung, Vergesslichkeit oder Verwechslungen.
Tipp 3: Gerichte glauben an Testierfähigkeit
Wer selbst nichts, zu wenig oder nur Schulden geerbt hat, wird versuchen, das Testament anzufechten.
Er wird auch mit der „Testierunfähigkeit“ des Erblassers zu argumentieren versuchen.
Doch nachträglich wird das schwierig: Gerichte gehen zunächst davon aus, dass der Verstorbene „testierfähig“ war, also: wusste, was er tat.
Beweispflichtig ist der, der das anzweifelt.
- VORSICHT: Verwirrtheit als Basis fehlender Testierfähigkeit wird von Gerichten nicht anerkannt!
Wer keine aussagekräftigen medizinischen Behandlungsunterlagen aus der Zeit vor dem Testament vorlegt, wird den Richter nicht überzeugen.
Tipp 4: Sichern Sie Ihr Erbe!
Ein Erbvertrag kann verhindern, dass jemand Sie – falls Sie selbst später erkranken sollten – manipuliert.
Sie gehen dazu mit allen Erben zu einem Notar und schließen einen Vertrag: Alles, was Sie vererben wollen, wird bereits aufgeteilt.
Alle Beteiligten müssen unterschreiben und sind daran gebunden.
- ACHTUNG: Alle, auch die Begünstigten, müssen schriftlich zustimmen, wenn diese Vereinbarung verändert werden soll.
Das kann sich im Nachhinein als Hindernis erweisen.
Dieser Erbvertrag kann auch Versorgungspflichten und andere Regelungen erhalten, die durch das evtl. später folgende Testament nicht außer Kraft gesetzt werden kann.
Tipp 5: Der Enttäuschte wird enttäuschen wollen!
Jeder Erblasser darf – auch bei größter Altersschwäche – durch sein Testament seine Familie enttäuschen.
Das wird geschehen, wenn er sich durch die Familie im Stich gelassen oder brüskiert fühlte.
Enttäuschte Personen sind besonders anfällig für bewusste Erbschleicherei.
Jährlich werden in Deutschland über 200 Milliarden Euro an die nächste Generation weitergereicht.
Erbschleicher haben Chancen auf einen Teil dieser Summe, sobald sich Familienmitglieder uneinig sind – und sobald sie sich vom Erblasser entfernen.
- Vielleicht hat damit die spektakulär hohe Anzahl an Erbstreitigkeiten in Deutschland zu tun: Um mindestens jeden zehnten Nachlass gibt es handfesten Streit – das sind pro Jahr über 100.000 Fälle.
Tipp 6: Holen Sie als Testierer ein ärztliches Attest ein!
Gibt es Zweifel, so beschaffen Sie sich am Tag der Niederschrift von einem Arzt ein Attest über Ihre geistige Gesundheit.
Notare müssen sich auch von der Testierfähigkeit überzeugen – doch die sind damit manchmal überfordert:
- Demenzkranke sind nicht selten für eine wortreiche Fassade bekannt, die sogar elegant klingen kann – und ihre Orientierungslosigkeit verbirgt.
Tipp 7: Erbschleicher erkennen
Tür und Tor sind für Erbschleicher geöffnet, sobald älteren Menschen „echte Ansprechpartner“ fehlen.
Alarmglocken der Angehörigen müssten schrillen, wenn der Erblasser Besuche durch die Familie abwehrt, sich nicht am Telefon meldet, wenn er den Wohnsitz wechselt, untertaucht, unzureichend gepflegt wird, das Türschloss ausbauen lässt, Zeitungen abbestellt, Reisen mit unbekannter Begleitung macht.
Zu forsche Reaktionen werden das Bild des Erblassers bestätigen: „Ihr wollt nichts Gutes für mich.“
- Privatpersonen können – außer Nähe herzustellen – wenig dagegen tun.
Tipp 8: Rechtliches Vorgehen gegen Erbschleicherei
Nur in Einzelfällen geht der Gesetzgeber gegen Erbschleicherei an: Wenn Bestechung im Spiel ist (§ 134 BGB), bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften (§ 138 BGB), wenn eine testamentarische Verfügung angefochten werden kann (§ 2078 BGB) oder wenn der Gesetzgeber das Vererben an bestimmte Personengruppen (Stichwort Heimgesetz) ausschließt.
Noch sparsamer werden strafrechtliche Möglichkeiten eingesetzt.
- Vermögensschutz (§ 266 StGB) scheitert häufig daran, dass der Betroffene freiwillig sein Vermögen abgibt.
Tipp 9: Hilfe holen
Je undurchsichtiger eine Rechtssituation ist, desto eher empfiehlt es sich, einen anwaltlichen Spezialisten aufzusuchen.