Zum Fall:
Die Mieterin hatte die Wohnung gemeinsam mit ihrem zum Zeitpunkt der Gerichts-
verhandlung bereits verstorbenen Ehemann im Jahr 1997 bezogen. Der Mietvertrag wurde mit den Rechtsvorgängern der Vermieterin geschlossen.
2015 kündigte die neue Vermieterin den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Die Mieterin widersprachen der Kündigung und beriefen sich auf ihr hohes Alter, ihren Gesundheitszustand und ihre tiefe Verwurzelung am Wohnort.
Zudem seien sie finanziell nicht in der Lage, sich Ersatzwohnraum zu beschaffen (LG Berlin 25.05.2021 – 67 S 345/18).
Wie hat das Gericht entschieden?
Das LG Berlin hat entschieden, dass die Mieterin aufgrund von § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu berechtigt ist, in der Wohnung auf unbestimmte Zeit zu wohnen. Neben dem hohen Alter sei auch zu berücksichtigen, dass aufgrund des langjährigen Mietverhältnisses von einer Verwurzelung am Wohnort ausgegangen werden müsse. Auf die Frage nach dem Gesundheitszustand der Mieterin kam es dem Gericht aus diesen Gründen nicht mehr an.
Eine Kündigung des Mietverhältnisses würde die Mieterin nach der Auffassung des Gerichts in ihrer Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG verletzen. Das Interesse der Vermieterin würde sich dagegen auf einen „bloßen Komfortzuwachs und die Vermeidung unerheblicher wirtschaftlicher Nachteile“ beschränken (LG Berlin 25.05.2021 – 67 S 345/18).