Abmahnung wegen Kundenfeindlichkeit
Das Verhalten von Arbeitnehmern ist das Aushängeschild des Unternehmens.
Wenn das Verhalten zu wünschen übrig lässt, wollen Arbeitgeber häufig von der verhaltensbedingten Kündigung Gebrauch machen.
- Eine Kündigung kann allerdings nicht so einfach mit dem Verhalten des Arbeitnehmers begründet werden.
Fall: Drei negative Kundenbewertungen – und doch keine Kündigung möglich
Die Arbeitnehmerin war bei US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt.
Zu den Aufgaben der Klägerin gehören unter anderem die Terminvergabe an Patienten, die Beratung von Patienten sowie die Akten- und Telefonverwaltung.
Das Krankenhaus verwendet das Bewertungssystem ICE (Interactive Customer Evaluation).
Über das System können Patienten das Verhalten des Krankenhauspersonals anonym bewerten.
Drei Abmahnungen
2016 erhielt die Arbeitnehmerin ihre erste Abmahnung.
Die Abmahnung wurde mit drei negativen Bewertungen im ICE System begründet. Konkret wurde argumentiert, dass die Patienten „im höchsten Maße unzufrieden mit dem Service waren, der von der Arbeitnehmerin geboten wurde“.
Der Umgang der Arbeitnehmerin sei als „unhöflich und unprofessionell“ bewertet worden. 2017 folgten zwei weitere Abmahnungen. Die erste Abmahnung stützte sich ebenfalls auf ein Patientenfeedback, während die zweite Abmahnung aufgrund eines Telefonats erteilt wurde.
In dem Telefonat sollte ein Termin mit einem Patienten vereinbart werden.
Die Klägerin äußerte sich laut Abmahnung „abwertend“ über das medizinische Personal und unterbrach den Patienten mehrmals.
Die Kündigung
Im Mai 2017 erhielt die Klägerin die ordentliche Kündigung (LAG Rheinland-Pfalz 2018 – 7 Sa 85/18).
Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt?
Eine sozialgerechtfertigte verhaltensbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG liegt vor, wenn…
- der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat,
- eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist und
- dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus nicht zumutbar ist (BAG 2016 – 2 AZR 42/16).
Außerdem kann eine verhaltensbedingte Kündigung auch wegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB erfolgen.
Der Arbeitgeber trägt die Darlegungslast. Eine ausführliche Begründung ist notwendig.
Wann scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung aus?
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist ausgeschlossen, wenn…
- schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers (z.B. eine Abmahnung) geeignet gewesen wären, das zukünftige Verhalten des Arbeitnehmers positiv zu beeinflussen, wenn die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten beruht.
- Dann wird vermutet, dass auch schon eine Abmahnung die zukünftige Vertragstreue des Arbeitnehmers sichert (BAG 2011 – 2 AZR 284/10).
VORSICHT! Eine Kündigung gilt als „nicht verhältnismäßig“, wenn Begründungen des Fehlverhaltens durch den Arbeitgeber nicht ausreichend konkret sind.
Das Gericht erachtete die Kündigung aus drei Gründen als nicht verhältnismäßig:
- Die ICE Bewertungen seien anonym abgegeben worden. Ihre Urheberschaft könne nicht eindeutig geklärt werden. Die Bewertungen der Klägerin als „unhöflich“ sei keine konkrete Verhaltensbeschreibung.
- Die zahlreichen Abmahnungen hätten der Klägerin nicht ausreichend vor Augen geführt, welches konkrete Verhalten den Arbeitgeber störe und welche Verbesserungen von ihr erwartet würden. Die Aufforderung, sich „respektvoll und freundlich zu verhalten“, sei nicht konkret genug.
- Außerdem habe die Klägerin vorgeschlagen, dass sie das Tätigkeitsfeld wechseln könne. Der Arbeitgeber habe die Vorschläge abgelehnt, aber die Gründe nicht ausreichend begründet.
- Die Kündigung sei nicht verhältnismäßig (LAG Rheinland-Pfalz 2018 – 7 Sa 85/18).